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BULLETIN
Thursday, 29 January 2004

SPIEGEL ONLINE - 29. Januar 2004, 17:25
URL: http://www.spiegel.de/wirtschaft/0,1518,284108,00.html
Poker um Aventis

Angst vor dem Dolchsto? aus Kuweit

Von Matthias Streitz

Ein Machtwort der Scheichs konnte den Kampf um Aventis entscheiden: Noch halt die Kuwait Petroleum Corporation, wichtigster Gro?aktionar des Pharmakonzerns, zu den bedrangten Managern. Doch viele Beobachter glauben, dass die Araber der feindlichen Ubernahme zustimmen konnten - wenn der Angreifer Sanofi-Synthelabo nur genug bietet.



DPA
Aventis-Zentrale in Stra?burg: Ratselraten uber die Loyalitat des Gro?investors
Stra?burg - Seham Razzouqi ist eine Frau, die im Stillen Einfluss ausubt. 53 Jahre alt ist die geburtige Kuweiterin, die in den USA Betriebswirtschaft studierte. In ihrem Heimatland hat sie fruh Karriere gemacht. Schon mit 31 stieg sie zur Vize-Staatssekretarin auf. Seit Jahren vertritt sie Kuweit in der Erdolorganisation Opec.
Seham Razzouqi ist auch oft in Europa unterwegs - unter anderem, weil sie im Aufsichtsrat des franzosisch-deutschen Pharmakonzerns Aventis sitzt. Um den tobt nach dem feindlichen Milliardengebot des Rivalen Sanofi-Synthelabo ein heftiger Ubernahmekampf. Und in dem konnte die wenig bekannte Firmenkontrolleurin eine wichtige Rolle spielen.

Denn Razzouqi vertritt die Kuwaiti Petroleum Corporation (KPC), den mit Abstand bedeutendsten Aventis-Aktionar. 13,5 Prozent aller Anteile halt die staatseigene Firma aus dem Golfemirat. Die Vereinigung der Aventis-Mitarbeiter, Asave, vertritt dagegen gerade mal vier Prozent des Kapitals.

"Eine Frage des Preises"

Ob Sanofis Attacke Chancen auf Erfolg hat - das hangt unter anderem auch von der Haltung der Kuweiter ab. Ein denkbares Szenario: Die KPC konnte inmitten der Ubernahmeschlacht die Seiten wechseln und damit ein Signal setzen. Wenn die Kuweiter vorangehen, konnten andere Aktionare folgen und die feindliche Offerte annehmen. Sanofi-Chef Jean-Francois Dehecq hatte gewonnen.



AP
Pressekonferenz des KPC-Managements (Archivbild): Beteiligung "nicht von strategischer Bedeutung"
Als sich der Aufsichtsrat am Mittwoch zu einer Notstandssitzung traf, war auch Razzouqi mit dabei. Das wird in der Ad-hoc-Mitteilung, die Aventis hinterher herausgab, eigens vermerkt - Indiz fur die Bedeutung der Kuweiter. Bisher halt der Gro?aktionar loyal zum Aventis-Management um Vorstandschef Igor Landau. Wie alle anderen anwesenden Aufsichtsrate stimmte Razzouqi dafur, Sanofis feindliche Offerte abzulehnen. Das Gebot liege nicht im besten Interesse des Konzerns, hie? es hinterher in der Mitteilung.
Ob die Kuweiter so loyal bleiben - daruber wird an den Finanzmarkten nun munter spekuliert. Viele Analysten glauben, dass die KPC im Prinzip mit dem Sanofi-Angebot einverstanden ist und dass sie sich vor allem an einem stort: an der gebotenen Summe von rund 46 Milliarden Euro.

Sanofi will die Kuweiter umwerben

"Ich habe mehrfach vernommen, dass die KPC uberlegt, sich von ihrem Aventis-Paket zu trennen", sagt etwa Oliver Kopp, Pharma-Analyst bei der ING BHF Bank. Fur die KPC sei die Beteiligung an Aventis "nicht von strategischer Bedeutung", sondern ein reines Finanzinvestment. Ob die Kuweiter ihre Aktien an Sanofi verkaufen oder nicht - das ist nach Einschatzung Kopps deshalb vor allem eine "Frage des Preises".

Auch der Angreifer, Sanofi-Chef Jean-Francois Dehecq, wei? um den Einfluss der Kuweiter - und versucht sie auf seine Seite zu ziehen. Im Interview mit der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" sagte er uber die KPC: "Das ist naturlich ein sehr bedeutender Aktionar." Bisher habe er sich zwar nicht mit KPC-Vertretern getroffen. Das aber wolle er nachholen.

Eilige Visite im Emirat

Bisher hat sich die KPC bei Aventis durch gro?e Loyalitat ausgezeichnet. Schon im Jahr 1982 trat der kuweitische Staatskonzern als Gro?aktionar bei der Hoechst AG auf, die 1999 mit dem franzosischen Pendant Rhone-Poulenc zu Aventis fusionierte. Bis dahin hielt die KPC rund 25 Prozent an Hoechst. Die hoch liquiden Kuweiter beteiligten sich Anfang der achtziger Jahre Jahren auch an anderen europaischen Konzernen, so etwa an BP und an Daimler-Benz.



DPA
Fruherer Hoechst-Chef Dormann: Dem Druck des Investors nachgegeben
Mit dem fallenden Olpreis aber verschlechterte sich die Finanzlage der KPC - der Konzern uberdachte einige seiner Investments. Ihre BP-Beteiligung etwa haben die Kuweiter schon 1997 spurbar verringert. Bei Hoechst und Aventis hielten sie an ihrem Engagement fest. Brenzlig wurde die Lage nur 1999: Die KPC war mit den Konditionen fur die Fusion von Hoechst und Rhone-Poulenc nicht zufrieden. Der Deal drohte zu scheitern. Hoechst-Chef Jurgen Dormann jettete personlich in das Golf-Emirat, um die Kuweiter umzustimmen. Auf ihren Druck hin mussten Hoechst und Rhone die Firmenehe schneller vollziehen als geplant.
Kuweitische Geheimniskramer

Im Duell Aventis gegen Sanofi bluhen die Spekulationen uber einen Seitenwechsel der Kuweiter auch deshalb, weil die KPC Markte und Medien im Unklaren uber ihre Haltung lasst. Offentlichkeitsarbeit betreibt der Konzern kaum. Ein Sprecher war am Donnerstag fur SPIEGEL ONLINE nicht zu erreichen. Eine Anfrage per E-Mail blieb unbeantwortet. Letztlich seien alle Theorien uber die Haltung der KPC daher "Kaffeesatzleserei", sagt ein Aventis-Aufsichtsrat. Nach welchen Kriterien die Kuweiter entscheiden - das sei kaum vorherzusagen, selbst fur Firmeninsider.

Analyst Alexander Groschke von der Landesbank Rheinland-Pfalz glaubt trotzdem , dass die Kuweiter durchaus zu Sanofi uberlaufen konnten. Die Kuweitern seien vor allem auf "Profitmaximierung" aus, da sei die Treue zu Aventis kein Wert an sich. Die eigentliche Frage sei aber: Wird Sanofi-Chef Dehecq seine Milliardenofferte nachbessern oder nicht - und die Kuweiter damit uberhaupt in Versuchung fuhren konnen.

BHF-Experte Kopp halt fur "relativ realistisch, dass da noch was kommt" und die Offerte verbessert wird. LRP-Analyst dagegen glaubt, dass Sanofi sich eine Erhohung des Gebotes finanziell gar nicht leisten kann.

Groschke halt ein anderes Szenario fur plausibel: Aventis startete eine Gegenoffensive und ubernimmt Sanofi - zu Aventis' Konditionen. Auch dann waren die Kuweiter wieder als Gro?aktionare mit im Boot.

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SPIEGEL ONLINE - 29. Januar 2004, 17:15
URL: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,284109,00.html
Gefangenenaustausch

Lobeshymnen auf die Terror-Miliz

Nach sieben Stunden war alles vorbei. Der gro?te Gefangenenaustausch in der Geschichte des Nahostkonflikts wurde heute auf dem Flughafen Koln/Bonn zwischen Israel und der Hisbollah abgeschlossen. Mehrere tausend Kilometer entfernt wurden die von Israel freigelassenen Palastinenser begeistert empfangen.

REUTERS
Koln/Bonn: Der Airbus hebt Richtung Beirut ab
Koln/Tarkmija (Westjordanland) - Die Flugzeuge waren punktlich, und sie kamen im Schutz der Nacht. Kurz hintereinander landeten auf dem Flughafen Koln-Bonn am Donnerstagmorgen gegen 7 Uhr ein grauer Airbus der deutschen und eine wei?e Boeing 707 der israelischen Luftwaffe. Der mit Spannung erwartete Gefangenenaustausch zwischen Israel und der islamistischen Hisbollah-Miliz hatte begonnen.
Geheimhaltung und Abschirmung des vom deutschen Geheimdienstkoordinator Ernst Uhrlau in langjahrigen Bemuhungen vermittelten Deals waren fast perfekt. Der militarische Teil des Flughafens, auf dem der Austausch stattfand, war von starken Kraften eines Wachdienstes und der Feldjager abgeriegelt. Auch Hunde waren im Einsatz. Journalisten durften die sonst freie Durchfahrt zur Abfertigung des militarischen Teils, von wo fruher die offiziellen Reisen der Regierungsmitglieder aus Bonn begannen, nicht mehr passieren.

Offizielle Auskunfte uber den Ablauf gab es nicht. Dennoch sahen Beobachter aus etwa 1,5 Kilometer Entfernung aufschlussreiche Vorgange: Etwa zehn Minuten vor 7 Uhr, gut eine Stunde vor Sonnenaufgang, rollte ein Luftwaffen-Airbus von der Landesbahn zum militarischen Teil, blieb dort aber nicht wie ublich auf dem von Bogenlampen erhellten Vorfeld stehen, sondern rollte sofort in einen gro?en Hangar.

Nur die Airbus-Heckflosse war noch zu sehen

Gut zehn Minuten spater landete ein vierstrahliger Jet auf dem schon zu dieser Zeit geschaftigen Flughafen. Auch er rollte zum militarischen Teil. Im fahlen Lampenschein konnte die Maschine als israelische Boeing 707 identifiziert werden. Sie wurde im selben Hangar links neben dem Airbus geparkt. Dann schlossen sich die Tore, bis nur noch die Heckflosse des Airbus von au?en zu sehen war. Was innen vorging, war nicht zu beobachten.

Der Airbus kam aus Beirut und hatte nach Angaben aus israelischen Sicherheitskreisen den von der Hisbollah seit dem Jahr 2000 festgehaltenen Kaufmann Elhanan Tannenbaum und die sterblichen Uberreste von drei ebenfalls im Jahr 2000 in Libanon verschwundenen israelischen Soldaten an Bord. In der in Tel Aviv gestarteten israelischen Maschine kamen 29 Haftlinge aus israelischen Gefangnissen, darunter die Hisbollah-Fuhrer Mustafa Dirani und Scheich Abdul Karim Obeid, sowie sowie der zum Islam konvertierte Deutsche Steven Smyrek, der wegen Vorbereitung eines Selbstmordanschlags 1999 in Israel verurteilt worden war.

Nach etwa 90 Minuten wurde der graue Airbus mit Luftwaffenkennung aus dem Hangar gezogen und durch einen wei? lackierten Airbus mit der Aufschrift "Bundesrepublik Deutschland" ersetzt, der normalen Reisemaschine des Bundeskanzlers und anderer hochrangiger Politiker. Dann hie? es wieder warten, bis die Identitat der toten Israelis durch bereits am Mittwoch angereiste israelische Gerichtsmediziner bestatigt war. Dann erst konnte in Israel die Freilassung von 400 Gefangenen direkt in die Palastinensergebiete und nach Libanon beginnen.

Nach sechs Stunden, kurz nach 13 Uhr, kam Bewegung auf. Die Maschine der deutschen Flugbereitschaft wurde aus dem Hangar gezogen und auf dem Vorfeld betankt. Plotzlich setzte dichtes Schneetreiben ein; das Flugzeug in 1,5 Kilometer Entfernung war nicht mehr zu sehen. Als sich der Schneesturm legte, war die Betankung und Enteisung des Airbus noch im Gange. Kurz darauf verlie? auch die israelische Boeing den Hangar.

DPA
Gaza: Ein palastinensischer Haftling wird von seinen Verwandten begru?t
Um 14.05 Uhr, rund sieben Stunden nach ihrer Ankunft, rollte die israelische Luftwaffenmaschine mit der Kennung 272 zur Startbahn. Der Airbus 10-21 folgte unmittelbar, startete aber sogar vor den Israelis. Um 14.17 Uhr hob der Airbus ab Richtung Beirut, die israelische Maschine folgte drei Minuten spater.
Die Freigelassenen kussten den Boden der Heimat

Mit Lobeshymnen an die Hisbollah begru?ten unterdessen viele Palastinenser an den Grenzubergangen zu den Autonomiegebieten die Freilassung von 400 Gefangenen aus israelischer Haft. In Tarkmija im Suden des Westjordanlands warfen sich die Freigelassenen nieder und kussten den Boden, als sie aus den Bussen stiegen. Familienangehorige und Anwohner nahmen sie mit gro?em Jubel in Empfang. Viele schwenkten Fahnen mit den Farben der Hisbollah und priesen deren Fuhrer Hassan Nasrallah. "Wir danken der Hisbollah, dass sie an ihre palastinensischen Bruder gedacht hat", sagte Palastinenserchef Jassir Arafat.

Freigelassene berichteten, sie hatten den ganzen Vormittag im Bus auf das Signal fur den Gefangenenaustausch gewartet - die Bestatigung, dass die Hisbollah ihren Teil der Vereinbarung erfullt hatte. Kurz nach 12 Uhr (Ortszeit) bestatigten israelische Gerichtsmediziner, dass es sich bei den von der Hisbollah nach Deutschland uberstellten Leichen tatsachlich um die sterblichen Uberreste von drei in Libanon vermissten israelischen Soldaten Handelte.

REUTERS
Wieder in Freiheit: Ehanan Tannenbaum
Nach der Entlassung von insgesamt 429 Gefangenen befinden sich in Israel noch rund 7000 Palastinenser in Haft, einige davon werden ohne Anklage festgehalten. Einer der Freigelassenen berichtete, viele seiner Mitgefangenen hatten geweint, als sie horten, dass sie im Gefangnis bleiben mussten. Zwei Drittel der 400 vorzeitig entlassenen Palastinenser waren auch ohne den Austausch noch in diesem Jahr freigekommen.
Mohammed Dschomma, der ebenfalls am Donnerstag entlassen wurde, glaubt, dass die Freilassung der ubrigen Gefangenen nur durch gewaltsame Aktionen zu erreichen sei. "Politische Losungen haben versagt", sagte der 25-Jahrige, der seine eigene nur durch den Austausch ermoglichte Entlassung offenbar als Erfolgsbeweis fur die Hisbollah wertete. Er hoffe, dass Hisbollah-Chef Nasrallah weitermachen werde, sagte er.

Von Joachim Sondermann und Lara Sukhtian , AP

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Posted by maximpost at 1:41 PM EST
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